Die Corona-Pandemie hat den Trend zu Zombie-Firmen in Deutschland noch befeuert. Die Bundesregierung hatte wegen der Krise die Insolvenzregeln, speziell die Pflicht zur Anmeldung von Firmenpleiten, ausgesetzt. Die Folge: Tausende Beinahe-Pleite-, also Zombie-Unternehmen.

Seit einem Jahr hat uns die Corona-Pandemie jetzt fest im Griff. Die Krise wirkt sich natürlich auf jeden Einzelnen negativ aus, man denke nur an Homeoffice, Distance-Learning, Wegfall von Kontakten und Freizeitaktivitäten.

Corona-Pandemie schadet Wirtschaft massiv

Einen riesigen finanziellen Schaden bringen die anhaltenden Corona-Lockdowns aber vor allem der Wirtschaft. Restaurants, Einzelhandel, Fitnesscenter, Frisöre, Fabriken, Museen, Eventveranstalter und viele, viele, viele Unternehmen mehr kämpfen seit Monaten um ihre Existenz. Bei manchen sind die von der Bundesregierung gezahlten Hilfsleistungen da nur einen Tropfen auf den heißen Stein.

Allein im ersten Quartal 2021 soll die deutsche Wirtschaft einen Schaden in der Höhe von 50 Milliarden Euro hinnehmen müssen, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ergeben haben. Insgesamt summiert sich der finanzielle Schaden seit Beginn der Corona-Pandemie auf 250 Milliarden Euro.

Die von der Bundesregierung – aktuell – ausgesetzten Insolvenzregeln sind auf der einen Seite für die Mitarbeiter betroffener Unternehmen in Deutschland ein Segen. Dass die Firmen Pleiten aktuell nicht anmelden müssen, heißt aber auch, dass manch notwendige Insolvenz nur aufgeschoben ist.

Corona-Pandemie bringt 5.000 Zombie-Firmen hervor

Ende 2020 prognostizierte das IW, dass es 4.500 Insolvenzen weniger als erwartet gebe. Das bedeutet, dass wahrscheinlich genauso viele Zombie-Firmen am finanziellen Limit vor sich hin dümpeln dürften. Im März legte das IW noch einmal nach: 5.000 Zombie-Unternehmen hat die Krise wohl hervorgebracht. Das ist aber wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Schon im November 2019 hatte das Bankhaus Metzler Alarm geschlagen. Zu diesem Zeitpunkt hatte es – vor allem aufgrund der Niedrigzinssituation – immer mehr Unternehmen am Markt gegeben, die in den Bereich der Beinahe-Pleite-Firmen fallen. Die Finanzbranche bezeichnet solche Unternehmen als Zombie-Firmen.

Worum handelt es sich bei den Zombie-Firmen?

Als Zombie-Firmen werden solche Gesellschaften bezeichnet, die zum einen seit zehn Jahren oder länger am Markt vertreten sind. Zum anderen können diese Unternehmen ihre Tilgungen und Zinsen jedoch seit mindestens drei Jahren nicht mehr decken. In diesem Fall sprechen die Experten auch von einem Beinahe-Pleite-Unternehmen.

Das Problem zum damaligen Zeitpunkt, aber genauso noch aktuell: Aufgrund der Niedrigzinsphase, in der selbst Nullzinsen nicht außergewöhnlich sind, werden eben diese Pleite-Kandidaten vermehrt künstlich am Leben gehalten. Dies geschieht durch günstige Kredite, die sich die Unternehmen bei höheren Zinsen nicht leisten könnten.

Anzahl von Zombie-Firmen mittlerweile enorm

Nach Angaben des Bankhauses Metzler war die Anzahl der sogenannten Zombie-Firmen schon 2019 äußerst hoch. Schätzungsweise mehr als zehn Prozent aller börsennotierten Firmen fiel in diesen Bereich. Vor knapp 30 Jahren war der Anteil mit lediglich zwei Prozent wesentlich geringer.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform ging davon aus, dass vor eineinhalb Jahren in Deutschland knapp 180.000 Unternehmen in den Bereich der Beinahe-Pleite-Kandidaten fielen. Fast ein Jahr später schätzte das Unternehmen die Zahl der Zombie-Firmen in Deutschland schon auf 550.000. Prognose: weiter stark steigend.

Mit der Annahme, dass die Insolvenzantragspflicht bis März 2021 ausgesetzt bleibt, so Creditreform im Spätsommer 2020, könnte die Zahl auf bis zu 800.000 steigen. Da die Bundesregierung die Pflicht zur Anmeldung von Insolvenzen mittlerweile sogar bis auf Ende April verschoben hat, dürften die Prognosen sich aller Voraussicht nach erfüllt haben.

Mehr Zombie-Firmen durch Niedrigzinssituation

Experten machten vor der Coronakrise insbesondere die Nullzinspolitik dafür verantwortlich, dass die Zahl von Beinahe-Pleite-Unternehmen am Markt in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Dabei stand Deutschland noch relativ gut dar. Insbesondere in den Ländern Südeuropas gehen Marktbeobachter von einem noch erheblich höheren Anteil an Zombie-Firmen aus.

Es gibt jedoch noch eine weitere Folge: Die hohe Zahl an Zombie-Unternehmen kann theoretisch zu einer Übertreibung an den Aktienmärkten führen. Das bedeutet, dass ein Kurseinbruch bevorstehen könnte. Experten verglichen die Situation im November 2019 sogar mit dem Platzen der Internetblase. Die sorgte bekanntlich um das Jahr 2000 herum für Aufsehen.

Drohen noch mehr Insolvenzen und Zombie-Firmen?

Laut Ifo-Institut soll im vergangenen Jahr etwa jedes fünfte Unternehmen existenzbedroht. Die konkrete Zahl beläuft sich demnach auf 750.000. Allerdings, so das IW, handele es sich bei diesen Schätzungen um Hochrechnungen anhand der rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland. Allerdings würden Kleinunternehmen eher keinen Insolvenzantrag stellen.

„Aus diesem Grunde erscheinen die teils extrem hohen Zahlen der ‚Zombies‘, also ökonomisch eigentlich nicht mehr lebensfähiger, aber trotzdem am Markt agierender Unternehmen wenig plausibel“, so das IW. Das IW geht mit seiner Zahl von einigen Tausend möglichen Zombie-Firmen von „wirtschaftlich bedeutenderen Unternehmen“ aus. Kleinbetriebe ohne Insolvenzanmeldung kämen noch dazu.

So oder so: 2021 könnten knapp 25.000 Unternehmen in Insolvenz gehen, meint das IW. Damit könnte sich der Insolvenzstau schließlich auflösen. Nach der Corona-Pandemie ist zudem davon auszugehen, dass die Zahl der Zombie-Unternehmen wegen ausbleibender Hilfspakete und dem dann wieder geltenden Insolvenzzwang sinkt.

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veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.