In Deutschland erwägen immer mehr Banken, die Negativzinsen der EZB an ihre Kunden weiterzugeben. Banken müssen allerdings vorsichtig mit den Minuszinsen für Sparer umgehen – sonst droht ein Bankrun.

Über Jahrzehnte hinweg galt Sparen als sichere Bank für die Zukunftsvorsorge. Doch diese Zeiten scheinen erst einmal vorbei. Immer mehr Banken geben den Negativzins von 0,5 Prozent, den sie bei der EZB für dort geparkte Spareinlagen abdrücken müssen, an ihre Kunden weiter. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge gibt es in Deutschland schon 40 Banken und Institute, die Minuszinsen erheben.

Minuszinsen: Vermögende Privatkunden im Visier

Für private Kunden etwa erheben einige Banken aufs Tagesgeld Strafzinsen von minus 0,4 oder minus 0,5 Prozent. Die Gebühren fallen an, wenn Sparer ab 100.000 Euro auf der hohen Kante haben. Diese Summe reicht etwa bei der Berliner Volksbank oder der Sparda-Bank Berlin für negative Zinsen, wie das Handelsblatt schreibt. Teilweise betrifft das neueröffnete Konten, in anderen Fällen müssen die Banken die Kunden um Zustimmung bitten.

Die Zahl der Banken, die von privaten Kunden Strafzinsen verlangen, könnte in den kommenden Wochen noch steigen. Neben den Genossenschaftsbanken rüsten sich Branchenexperten zufolge auch die Sparkassen für eine breitere Einführung von Minuszinsen. Auch die Deutsche Bank erwägt Negativzinsen für Privatkunden, schreibt das Manager-Magazin. Dort, wo es „klug und vernünftig und auch legal“ sei, überlege das Bankhaus, negative Zinsen an Privatkunden weiterzugeben.

Strafzinsen bei Genossenschaftsbanken: Tabu bröckelt

Der Bundesverband deutscher Volks- und Raiffeisenbanken hat laut dem Handelsblatt einen Vier-Stufen-Plan für die 900 angeschlossenen Institute ausgearbeitet. Darin beschreibt der Verband, wie sich Privatkunden auf Strafzinsen vorbereiten lassen. Das Handelsblatt sieht hier ein Tabu bröckeln – Privatkunden drohen also auch bei den Genossenschaftskunden Minuszinsen.

Dass die Banken sich derzeit intensiv mit dem Thema beschäftigen, liegt auch daran, dass der Negativzins der EZB zuletzt bis auf Weiteres einzementiert worden ist. Die Banken fürchten, dass ihnen Kunden mit ihren Einlagen die Türen einrennen, wenn immer mehr Konkurrenten auf Negativzinsen setzen. Droht wirklich ein Bankrun?

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veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.