Die deutsche Wirtschaft hat mittlerweile ein ziemliches Stress-Problem. Kann künstliche Intelligenz helfen, stressbedingte Fehltage in deutschen Unternehmen zu reduzieren?

Millennials sind ungesünder als ihre Vorgänger, die Generation X – sowohl körperlich als auch psychisch. Oft beeinflussen die beiden Faktoren sich gegenseitig. Immer mehr Fehltage in deutschen Unternehmen gehen auf Mental-Health-Probleme zurück. Diagnosen wie „Burnout“ oder „Depression“ treffen nicht nur Arbeitnehmer in Führungspositionen, sondern auch immer mehr junge Angestellte. Dies hat fatale Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft, denn kranke Mitarbeiter sind nicht profitabel. Kann künstliche Intelligenz dabei helfen, uns an den Druck von „New Work“ und ständiger Vernetztheit zu gewöhnen?

Stress am Arbeitsplatz und seine weitreichenden Folgen

Stressbedingte längere Arbeitszeiten, verkürzte Ruhepausen und ständige Erreichbarkeit in Kombination mit ständiger Arbeitsverdichtung sorgen für immer mehr Ausfälle in der deutschen Wirtschaft. Das Stresshormon Cortisol macht auf Dauer krank – körperlich und seelisch. Allein 2018 waren 15 Prozent aller Fehltage die Folge von Überlastung und deren psychischen Auswirkungen auf Arbeitnehmer.

Lange Zeit wurden die weitreichenden Auswirkungen von Dauerstress nicht ernstgenommen. Zu ihnen zählen beispielsweise erhöhter Blutdruck, erhöhte Zuckerwerte, Gewichtszunahme, aber auch depressive Verstimmungen sowie Burnout. Die weit verbreitete Annahme, falsche Ernährung und Bewegungsmangel führen beispielsweise zu Übergewicht, greift nicht mehr, wenn Dauerstress ins Spiel kommt. Dennoch wird dies recht selten erkannt. Die Ursachen werden nicht in der Umwelt, sondern allein im Verhalten der Person selbst gesucht.

Vorurteile gegenüber dicken Menschen – eine Grafik von Yoursclothing.de

Demzufolge können auch Stressbewältigungsstrategien, die nur beim Arbeitnehmer ansetzen, nicht zum Erfolg führen. Angesichts der steigenden Produktionsausfälle in deutschen Firmen, die auf die Langzeitfolgen von Stress zurückzuführen sind, sind Arbeitgeber gezwungen umzudenken, um profitabel zu bleiben.

Laut aktuellem DAK-Psychoreport kommen im Jahr 2018 auf 100 Arbeitnehmer 236 Fehltage, die auf psychische Leiden zurückzuführen sind. Das sind drei Mal so viele wie noch vor 20 Jahren. Ebenso fallen Arbeitnehmer, die aufgrund von seelischen Ursachen krankgeschrieben sind, mit einer Fehldauer von 36 Tagen im Durchschnitt drei Mal so lange aus wie Angestellte, die beispielsweise an einer Grippe erkrankten (hier sind es 12 Tage). Dies wirkt sich auf die anderen Mitarbeiter im Unternehmen aus. Denn sie müssen nun die zusätzliche Arbeit stemmen und werden ebenfalls auf lange Sicht durch Überlastung weniger produktiv.

Arbeitgeber sind schon lange dabei, das betriebliche Gesundheitsmanagement zu fördern – sei es mit vergünstigten Sportangeboten oder gesunden Snackmöglichkeiten. Aber hier muss weitergedacht werden, um dem immer größer werdenden Teil an stressbedingten Ausfällen entgegen zu wirken.

Mental-Health-Awareness in Unternehmen – Ein fortlaufender Trend

Das Bundesgesundheitsministerium informiert über konkrete Maßnahmen, die Unternehmen (vorsorglich) treffen können. Die wirtschaftlichen Benefits für Firmen gehen jedoch weit über den finanziellen Aspekt durch weniger Krankheitsausfälle hinaus:

So kann eine gut durchdachte betriebliche Gesundheitsförderung, die sich auch dem Thema „mentale Gesundheit“ und „Stressbewältigung“ widmet, dafür sorgen, dass Mitarbeiter:

– nachhaltig leistungsfähig bleiben
– motivierter sind
– sich stärker mit dem Unternehmen identifizieren (Was wiederum ein starker Magnet für neue Bewerber ist.)

Durch diese Maßnahmen steigt die Qualität der Arbeit und das Image des Unternehmens wird aufgewertet wird, was zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit führt.

Kann künstliche Intelligenz dabei helfen, stressresilient zu werden?

Die Frage, ob Mindfulness-Apps beim Abschalten helfen können, kann man mit „ja“ beantworten. Sonst würden nicht binnen weniger Jahre 42 Millionen Nutzer die Mindfulness-App „Headspace“ abonnieren.

Dauerhaft sind sie jedoch kein Wundermittel, das leistungsstarke Mitarbeiter schafft. Sie können sicherlich dabei helfen, besser mit Stress umzugehen, sie beseitigen ihn jedoch nicht. Um hier also nachhaltig konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Strukturen geschaffen werden, die den Stress limitieren.

Es ist das gänzlich falsche Mindset, von Arbeitnehmern zu erwarten, dass sie sich den steigenden Anforderungen immer aufs Neue anpassen. Hier werden in den nächsten Jahren sicher noch viele technologische Neuerungen auf uns zukommen, mit denen Arbeitsauslastung und Kapazitätsplanung in Unternehmen besser planbar werden.

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veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.