Der Fachkräftemangel ist seit geraumer Zeit Gegenstand der Politik und ein gesellschaftlich vieldiskutiertes Thema – insbesondere unter Arbeitgebern. Denn laut einer Umfrage des DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) sehen 60 Prozent aller befragten Mittelständler den Fachkräftemangel als ernstzunehmendes Geschäftsrisiko. Doch nicht nur die Politik muss hier mit entsprechenden Weiterbildungsangeboten im Zuge der Digitalisierung eingreifen. Der „War for Talents“ erfordert, neben konkreten politischen Maßnahmen, vor allen Dingen das Umdenken von Unternehmern im Zuge des Personal-Recruitings. Monetäre Leistungen wie Bonuszahlungen oder Gehaltserhöhungen gehören schon längst nicht mehr zu den Hauptansprüchen, die junge Talente an den Arbeitgeber haben.

Das Unternehmen zu einer Marke machen

„Geld allein macht nicht glücklich“ – was der Volksmund schon immer wusste, das bestätigt nun auch eine Untersuchung des Softwareanbieters SEMrush. Die Studie zieht Webdaten potenzieller Arbeitnehmer heran, um daraus Rückschlüsse auf Arbeitsmarkt- und Jobtrends zu ziehen. Die Daten zeigen, wonach Arbeitsuchende konkret in diesem Zusammenhang googeln und welche Mitarbeiter-Benefits, Zusatzleistungen oder Ausbildungswege für sie dabei besonders relevant sind.

Ein Ergebnis dieser Untersuchung ist unter anderem, dass das Suchvolumen für „Gehaltserhöhung“ seit 2014 bis heute um 55 Prozent zunahm. Um ganze 345 Prozent stiegen im Vergleich dazu die Suchanfragen nach „Mitarbeiter Benefits“. Das Thema rund um Geld und Sicherheit ist also nach wie vor von Bedeutung, stellen aber oft keine Priorität mehr dar. Der Wettbewerb um Talente erfordert den Aufbau eines attraktiven Arbeitgeberprofils sowie authentischen Unternehmenswerten. Ergänzend zu den gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen können Unternehmen ein breites Spektrum an Benefits anbieten, die potenzielle Arbeitnehmer zum Bewerben und aktuelle Mitarbeiter zum Bleiben animieren.

Je nach Unternehmensgröße und Branche können diese Zusatzleistungen divers ausfallen: Zum Beispiel ein zusätzlicher Krankenversicherungsschutz, Fitnessprogramme, Pensionspläne oder Kinderbetreuung – die Liste ist lang. Auch kleine und mittelständische Unternehmen oder junge Startups können mit begrenzten Ressourcen Mitarbeitern attraktive Benefits bieten. Kein Bewerber pflegt den Anspruch, dass KMU den Bonuszahlungen von Apple oder Bosch kompetitiv begegnen können – flexible Arbeitszeiten, Vertrauensarbeitszeitmodelle oder die Möglichkeit, aus dem Home-Office heraus zu arbeiten, können das aber durchaus kompensieren.

Mit leicht umsetzbaren und kostengünstigen Mitarbeiter-Benefits Arbeitnehmer überzeugen und langfristig halten

Der SEMrush-Studie zufolge gewinnen leicht umsetzbare Benefits an Beliebtheit. So stieg in den vergangenen vier Jahren beispielsweise das Suchvolumen für den Begriff „Work Life Balance“ um 57 Prozent. Das Interesse an „Home-Office“ kann einen Anstieg von 69 Prozent verzeichnen. In Zeiten der Digitalisierung sind Benefits dieser Art für Arbeitgeber leicht umsetzbar und mit geringen bis keinen Kosten verbunden. Gleiches gilt beispielsweise für das „Dienstrad“. Die Suchanfragen zu diesem Begriff stiegen seit 2014 um ganze 848 Prozent. Synonyme wie „Dienstfahrrad“ erfuhren ebenfalls eine Zunahme von knapp 300 Prozent. Betrachtet man im Gegensatz dazu die Entwicklung der Suchanfrage für den „Dienstwagen“, fällt diese mit 25 Prozent Anstieg vergleichsweise gering aus. Auch das Bundesverkehrsministerium bestätigt, dass das Dienstrad immer beliebter wird. Autos verstopfen die Innenstädte und Fahrverbote nehmen weiter zu. In Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Fahrrad auch für Langstrecken-Pendler eine echte Alternative. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Jobtickets und ein Dienstrad anbieten, sparen Geld gegenüber Dienstwagen ein und folgen gleichzeitig einem ökologisch notwendigen Trend in der urbanen Mobilität. Das Beispiel zeigt also, wie vorteilhaft auch Benefits für die Unternehmen selbst sein können.

Regionale Unterschiede bei Arbeitnehmer-Wünschen

Doch nicht überall in Deutschland spielen alle Mitarbeiter-Benefits eine gleichwichtige Rolle. Die Webdaten wurden im Zuge der SEMrush-Untersuchung regional ausgewertet und zeigen, in welchen Teilen des Landes welche Zusatzleistungen besonders gefragt sind. Eine Erkenntnis daraus ist beispielsweise: Was dem Berliner der Bürohund, so dem Schleswig-Holsteiner der Betriebssport. Wie die Interessensverteilung insgesamt ausfällt, visualisiert folgende Deutschland-Karte:

Die gesamte Studie gibt es bei SEMrush

Werte und Benefits in Szene setzen

Vor dem Hintergrund des War vor Talents werden Unternehmensprofile und Rekrutierungsprozesse also verstärkt bewerberorientiert. Unternehmen sollten daher auf eine gute Präsentation Ihrer Werte und Benefits setzen, um Bewerber entsprechend zu erreichen. Das kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Allen voran kann eine prominente Darstellung der Unternehmenswerte auf der eigenen Firmenwebsite Erfolge bei der Suche nach neuen Mitarbeitern erzielen. Darüber hinaus gehören Job- und Arbeitgeber-Bewertungsportale zu den relevantesten Plattformen, auf denen sich Arbeitsuchende heute Informationen einholen. Wer sich hier überzeugend präsentiert, kann sich einen Vorteil im War for Talents verschaffen.

 

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.