Wer sich in Deutschland nach Textilunternehmen umsieht, wird schnell fündig. Viele namhafte Hersteller und Händler tummeln sich mittlerweile auf dem Aktienmarkt. Wobei man hier anmerken muss, dass es sich – mit Ausnahme von Adidas – fast nur um Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe handelt. Bisher konnte sich kein anderer Hersteller im Dax langfristig positionieren. Und ganz risikolos ist ein Investment in die Modeindustrie auch nicht.

Das beste Beispiel dafür ist die Steilmann-Gruppe, die im Frühjahr 2016 Insolvenz anmelden musste, oder die Wöhrl Modemärkte, die sich unter einen Schutzschirm gerettet hatten und dann ebenfalls in die Insolvenz gerutscht sind. Allerdings ergeben sich in diesem Sektor auch interessante Möglichkeiten für Investoren. Die Aktienkurse einiger Unternehmen sind sehr niedrig und geben deshalb Raum für große Kursgewinne.

Adidas und Puma: Global Player auf dem Weg aus der Krise?

Die Adidas AG ist der größte Modehersteller in Deutschland. Wobei man hier auch beachten sollte, dass Adidas nur bedingt im Modebereich tätig ist. Das Unternehmen ist mehr als Sportartikel- und Sportmodehersteller zu sehen. Adidas bedient also nur einen Teilbereich des Textil- und Modemarktes. Schon vor Jahrzehnten wurde Adidas gegründet und ist seit langem im größten deutschen Aktienindex Dax gelistet.

Besonders mit der Fußball-Europameisterschaft konnte das Unternehmen große Umsätze generieren. Bisher haben die Anleger allerdings dieses Großevent nicht honoriert. Im Gegenteil sogar: Der Aktienkurs fiel in den vergangenen zwei Monaten von seinem Hoch bei ca. 160 Euro auf unter 140 Euro zurück. Dabei läuft gerade ein Aktienrückkaufprogramm. Auch viele Analysten sehen beim Kurs noch Potenzial nach oben.

Mit einem Börsenwert von knapp 29 Milliarden Euro kann man hier relativ gefahrlos und günstig investieren. Auch wenn der Sportbekleidungs- und -textilmarkt heiß umkämpft ist und ein größeres Risiko birgt.

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Der kleine Bruder von Adidas ist Puma. Das Unternehmen ist direkter Konkurrent von Adidas und im gleichen Segment tätig. Für Puma gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie für Adidas. Die Puma SE ist allerdings nur im SDAX notiert. Jedoch wurde der Börsenkurs hier nicht so stark abgestraft.

Dieser notiert momentan nahe seinem Dreijahreshoch von ca. 250,00 Euro bei knapp über 230,00 Euro. Analysten sehen hier weniger Kurspotential, sodass hier das Risiko für Investoren höher ist als beim großen Bruder.

Tom Tailor, Gerry Weber und Hugo Boss: Die großen deutschen Marken auf dem Prüfstand

Tom Tailor, Gerry Weber und Hugo Boss sind durchaus miteinander vergleichbar, auch wenn die Zielgruppen nicht ganz identisch sind. Alle drei produzieren unter eigenen Marken ihre Mode und bringen mehrmals im Jahr Kollektionen auf den deutschen und internationalen Markt. Dabei setzen die Unternehmen nicht nur auf eigene Läden, sondern auch auf das Shop-in-Shop-Konzept und auf eigene Online-Shops.

Auch Partnerschaften mit großen Handelsplattformen wurden geschlossen. Alle drei Unternehmen bieten ihre Produkte auf verschiedenen Kanälen zum Kauf an. Jedoch stecken diese Marken derzeit in größeren Krisen. Alle drei müssen sich gegen internationale Konkurrenz auf dem Markt wehren, die ihre Kollektionen öfter austauschen, billiger anbieten und deswegen größeren Zulauf haben.

Das liegt auch daran, dass bei den oben genannten Unternehmen veraltete Strukturen bestehen, die zuerst aufgebrochen werden müssen. Bei Konkurrenten wie Zalando, H&M, Zara und Co. bestehen dagegen moderne Handels- und Verwaltungsstrukturen. Diese sind nicht nur auf das Shopkonzept konzentriert. Sie beziehen die neuen Online-Möglichkeiten mit ein und treffen mit ihrem Marketing den Nerv der Zeit besser.

Großartige Chancen für risikofreudige Investoren

Für risikofreudige Investoren bieten sich hier jedoch großartige Chancen. Tom Tailor ist momentan für ca. 4,50 Euro pro Aktie zu haben, obwohl das Eigenkapital pro Anteil 2015 bei über 8,50 Euro lag. Der Aktienkurs hat sich bereits ein wenig erholt. Von knapp über 3 Euro stieg der Kurs innerhalb weniger Wochen um mehr als 30 Prozent. Auch die Analysten sind auf Anlegerseite.

Vorausgesagt werden Kurswerte von bis zu 9 Euro und damit 80 Prozent Kurspotenzial. Vor allem in jüngster Vergangenheit machte Tom Tailor Schlagzeilen durch Bekanntgabe einer großen Schließungswelle und damit verbundenen Entlassungen, sowie einer Kapitalerhöhung zusammen mit einem Großinvestor aus China.

Bei Gerry Weber sieht es da nicht viel anders aus. Von seinem Hoch bei 40 Euro ist der Aktienkurs weit entfernt und liegt derzeit bei ca. 11 Euro. Auch hier besteht ein größerer Abschlag zum Eigenkapital pro Anteil, das bei ca. 20 Euro liegt und deswegen reichlich Sicherheitspuffer gibt. Die Analysten sind hier jedoch etwas defensiver eingestellt. Sie schätzen nur moderate Kursgewinne. Das liegt durchaus auch an der Zielgruppe. Gerry Weber zielt mehr auf die – weniger online-affine – Zielgruppe 40 plus.

Dagegen ist Hugo Boss der Nobelhersteller unter den deutschen Modefirmen. Der Aktienkurs hat sich in letzter Zeit mehr als halbiert. Von ca. 120 Euro fiel der Kurs auf 50 Euro, was nur knapp über dem derzeitigen Eigenkapital je Aktie liegt. Es gibt also weniger Sicherheitspuffer, dafür größeres Kurspotenzial. Analysten erwarten Anstiege bis über 75 Euro und damit mehr als 50 Prozent. Mit einer Notierung im MDAX ist Hugo Boss auch der größte der drei großen deutschen Markenhersteller.

Auf große Dividendenrenditen sollten sich die Anleger in nächster Zeit bei allen dreien nicht einstellen, da das Geld zur Restrukturierung und Repositionierung genutzt werden soll. Aber es bestehen große Chancen, sollten die Restrukturierungsmaßnahmen greifen und demnächst auch wieder schwarze Zahlen geschrieben werden können.

Zalando und Adler: Große Modehändler mit verschiedenen Konzepten

Der Modehandel in Deutschland ist immer noch geprägt von mittelständischen Unternehmensgruppen. Zum Großteil befinden sie sich in Privatbesitz und von Einzelhandelsgeschäften, die – wenn überhaupt – nur regional Bekanntheit haben. Lediglich ein großer Modehändler findet sich in den größeren deutschen Indizes. Dabei handelt es sich auch um den bekanntesten und modernsten: Zalando.

Die aus der Startupschmiede der Samwer-Brüder entstandene Unternehmung betreibt einen großen Online-Versandhandel und bringt mit eigenen Labels auch regelmäßig Kollektionen auf den Markt. Auch international ist der Konzern tätig und betreibt mittlerweile weltweit Onlineshops und Logistikzentren zum Vertrieb seiner Produkte. Seit dem Börsengang 2014 und dem kurzzeitigen Fall des Aktienkurses auf unter 20 Euro konnte sich dieser mehr als verdoppeln und lag bereits bei über 40 Euro. Nach einer kleinen Konsolidierung bewegt er sich mittlerweile bei ca. 35 Euro. Selbst Analysten trauen der Aktie und somit dem Unternehmen noch mehr zu und erwarten weiter steigende Kurse.

Dagegen stehen die Adler Modemärkte für die veraltete Form des Modehandels. Adler betreibt in Innenstädten und auch an größeren Gewerbeansammlungen große Modemärkte, in denen verschiedenste Marken angeboten werden. Ein Großaktionär – die Steilmann-Gruppe – musste in diesem Frühjahr Insolvenz anmelden. Das spricht für den Niedergang des klassischen Modehandels und dem Wandel hin zum Online-Modehandel. Die Aktie von Adler bewegt sich derzeit nahe seines 5-Jahres-Tiefs bei 5 Euro. Auch den Platz in den Indizes musste Adler räumen und ist im Prime Standard notiert. Analysten meiden Aussagen zur Aktie.

Es bleibt also eine Frage: Chance oder Risiko?

Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten. Man muss auch zugeben, dass die Risiken im Bereich der deutschen Modeindustrie enorm sind. Bereits eine verkorkste Kollektion kann große Schwierigkeiten bringen. Sollte sich jedoch die Erholung im deutschen Modemarkt durchsetzen, kann man momentan günstig einsteigen und große Gewinne generieren. Wer also das Risiko nicht scheut, ist in der Modebranche Deutschlands gut aufgehoben. Alle anderen sollten die Finger davon lassen.

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veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.