Es gibt wenige private Unternehmen, deren Veröffentlichungen so schwerwiegende Folgen haben können, dass sich Märkte bewegen und Politiker Sorgenfalten bekommen. Ratingagenturen sind solche Unternehmen, die Branche stand in den letzten Jahren so oft im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, dass die Namen der wichtigsten Firmen auf diesem Gebiet längst auch jenen Menschen ein Begriff sind, die sich sonst wenig für die Finanzmärkte interessieren. Einer dieser bekannten Namen ist Moody’s, eine Ratingagentur mit Sitz in New York.
Aus kleinen Anfängen zu Umsätzen in Milliardenhöhe
John Moody, ein Geschäftsmann und Investor aus New Jersey, entwickelte im Jahr 1900 ein System, mit dem er die Risiken von Anleihen bewertete. Seine Bewertungen, die Investoren einen Überblick verschaffen sollten, wie sicher das angelegte Geld voraussichtlich sein würde, erwiesen sich als erfolgreich; gleich die erste Ausgabe der unter dem Titel „Moody’s Manual“ herausgebrachten Bewertungen war in kurzer Zeit ausverkauft. Die Einschätzung der Sicherheit von Geldanlagen traf den Zeitgeist, denn nur kurz darauf verloren zahlreiche Investoren in der Finanzkrise von 1907 viel Geld. Es war wohl eine Ironie des Schicksals, dass von diesen Verlusten auch Moody selbst betroffen war und er seine Bewertungsagentur aus Mangel an Kapitalgebern schließen musste. Heute spielt Moody’s in ganz anderen Dimensionen. Das 1909 neu gegründete und seitdem durchgehend bestehende Unternehmen ist an der New Yorker Börse gelistet und erwirtschaftet mehrere Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr. Für die Firma arbeiten rund 10.000 Menschen in aller Welt, die meisten davon am Hauptsitz in Manhattan, nicht weit entfernt von der Wall Street.
Ratingagentur Moody’s – Meinungen, die wie Donner klingen können
Wer heute eine Anleihe herausgibt, der kommt ohne eine Bewertung durch eine Ratingagentur nicht aus. Als weltweit tätiges Unternehmen übernimmt Moody’s einen großen Teil dieser Aufgaben und erstellt jährlich mehrere hunderttausend Bewertungen. Das dabei entstehende Rating, ausgedrückt in neun Bonitätsnoten von C bis Aaa, beruht dabei auf einer Analyse der Finanzlage, des jeweiligen Marktes, aber auch der Historie des Herausgebers und dessen Fähigkeiten im Risikomanagement. Die beiden Unternehmensteile, Moody’s Investors Service (Rating) und Moody’s Analytics (Marktforschung und Analyse), sind in zwei separate Unternehmensteile aufgeteilt, zusätzlich werden Beratungsdienstleistungen und Softwarelösungen angeboten. Die Analysten beschäftigen sich dabei längst nicht mehr nur mit den Anleihen von Eisenbahngesellschaften, wie es John Moody damals getan hat. Bewertet werden neben Unternehmen und Fonds auch öffentliche Anleihen, wie sie von Kommunen oder Staaten herausgegeben werden. Einschätzungen von Moody’s bezüglich der Verlässlichkeit solcher Emittenten können daher erhebliche Auswirkungen auf ganze Staaten haben. Länder, die sich nicht zu den besten Konditionen am Markt Kredite beschaffen können, können leicht in finanzielle Schwierigkeiten kommen, was sich über kurz oder lang auf die Bevölkerung auswirkt. Diese Macht der Ratingagenturen ist einer der häufig vorgebrachten Kritikpunkte, denen sich auch Moody’s immer wieder ausgesetzt sieht. Darüber hinaus verweisen Kritiker auf die Rolle der New Yorker Agentur in der Finanzkrise des Jahres 2008. Damals hatte Moody’s eine Hauptrolle bei der Bewertung der Hypothekenkredite gespielt, deren Ausfall schließlich für die folgenschwersten Verwerfungen in der Krise verantwortlich war. Wegen vermuteter ungerechtfertigt guter Bewertungen für solche Investments wurde Moody’s in der Folge von mehreren internationalen Investoren verklagt. Mit den amerikanischen Behörden wurde 2013 eine außergerichtliche Einigung erzielt, die das Unternehmen mehr als 800 Millionen Dollar an Straf- und Bußgeldern kostete, ihm aber den Gang vor Gericht mit möglicherweise noch schwerwiegenderen Folgen ersparte.